Nachteilsausgleich

Legasthenie und Dyskalkulie – Ein Risiko für den Erfolg in der Bildung?

Die Schwächen von Menschen mit Legasthenie und Dyskalkulie liegen beim Lesen, Schreiben oder in der Mathematik. Genau in zentralen Bereichen der Schule. Neben diesen Schwächen in Teilbereichen haben die Betroffenen oft durchschnittliche bis überdurchschnittliche Stärken in unterschiedlichen Gebieten.

Was ist nötig, damit es Betroffenen gelingt, Zugang zu Bildungsgängen zu finden, die ihrem Potenzial entsprechen und diese dann erfolgreich zu absolvieren?

Die Bedeutung von Lesen, Schreiben und Mathematik in Schule und Ausbildung

Es ist die Aufgabe der Schule, den Kindern lesen, schreiben und rechnen beizubringen. Mit der Zeit benötigen die Lernenden das Lesen, um aus Texten zu lernen. Lesen ist gefragt, um Prüfungsaufgaben oder Anweisungen für das Bearbeiten von Aufgaben zu verstehen.

Geschrieben wird bei Übungen, Tests und Prüfungen, wenn es darum geht, Hausaufgaben zu notieren oder Texte zu verfassen.

Mathematik spielt in Beruf und Freizeit eine wichtige Rolle. In vielen Ausbildungen nach der Volksschule ist Mathematik eine Voraussetzung. Wer Textaufgaben lösen will, muss die Aufgabe genau gelesen haben, was für Lernende mit Leseschwäche schwierig ist. Im (Schul-)Alltag ist Mathematik gefragt, wenn es zum Beispiel darum geht, Zeit einzuteilen, pünktlich zu sein oder Mengen einzuschätzen.

Wer mit Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und/oder in der Mathematik kämpft, wird in schulischen Ausbildungen unweigerlich Probleme haben beim Lernen wie bei Prüfungen.

Spezielle Förderung für das Lernen von Lesen, Schreiben und Mathematik

Lernende mit Legasthenie haben Probleme, das Lesen und Schreiben zu lernen, auch in den Fremdsprachen. Kindern mit Dyskalkulie fällt zum Beispiel der Umgang mit Mengen oder mit dem Zehnerübergang schwer.

Sie benötigen deshalb einen Unterricht, der auf die Bedürfnisse der einzelnen Schülerin/des einzelnen Schülers angepasst ist.

Dazu gehören: kleinere Lernschritte, explizite Erklärung, passende Übungen, ausreichende Wiederholung beim Üben.

Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter

Legasthenie und Dyskalkulie wirken sich nicht bei allen Personen gleich aus. Es gibt ausserdem unterschiedliche Schweregrade.

Nicht allen gelingt es, die Defizite in genügendem Ausmass zu kompensieren – trotz individueller Förderung. Manche Betroffene sprechen auf bewährte Förderprogramme nicht an. Lesen, Schreiben oder Mathematik bleiben eine harte Nuss.

Die Gymnasiastin mit Rechtschreibproblemen fällt auf, weil sie gehäuft Nomen klein und Verben gross schreibt. Der Jugendliche mit Leseschwäche liest langsamer als erwartet. Die Berufsfrau mit Rechenschwäche kommt nach wie vor ins Schwitzen, wenn sie beim Bäcker ein Brötchen mit Bargeld bezahlt.

Stress und Zeitdruck erschweren das Lesen, Schreiben und Rechnen. In weiterführenden Ausbildungen steigen die Anforderungen. Die Texte sind komplexer und länger im Vergleich mit denen in der vorigen Stufe. Sie enthalten Fach- und Fremdwörter, die schwieriger zu lesen sind. Es steht begrenzte Zeit zur Verfügung, um Inhalte aus Texten zu verarbeiten – via Lesen und Schreiben.

In Prüfungen steigt der Zeitdruck. Deshalb kommt es vor, dass die Auswirkungen einer Legasthenie oder Dyskalkulie nach einem Wechsel in eine andere Bildungsstufe vermehrt zum Vorschein kommen.

Beeinträchtigungen beim Lesen, Schreiben und in der Mathematik bergen ein grosses Risiko, dass Betroffene in der Bildung benachteiligt werden.

Massnahmen zum Ausgleich von Benachteiligungen

Ab etwa der Mittelstufe wird es zunehmend wichtiger, dass Betroffene über das eigene Wissen und Tun nachdenken. So können sie ihre eigenen Stärken und Schwächen einschätzen, sich beim Lernen beobachten und geeignete Strategien erkennen und anwenden. Auch der gezielte, selbstständige Einsatz von Hilfsmitteln trägt dazu bei, die gestellten Anforderungen beim Lernen und bei Prüfungen besser bewältigen zu können. Die Beeinträchtigungen, die längerfristig bestehen bleiben, müssen im Unterricht und bei Prüfungen berücksichtigt werden. Ein wirksamer Nachteilsausgleich spielt dabei eine wichtige Rolle.

Legasthenie und Dyskalkulie sind weitgehend unsichtbar. Deshalb fällt es Lehrpersonen oft schwer, sich in die Situation von Betroffenen hineinzuversetzen. Es ist daher wichtig, dass Betroffene beschreiben, was ihnen beim Lesen, beim Schreiben und/oder in der Mathematik schwerfällt und welche Herausforderungen sie auf welche Art bewältigen können. Wenn die Fachleute der abklärenden Stellen im Attest nicht nur eine Diagnose stellen, sondern auch die Auswirkungen der Beeinträchtigungen beschreiben, gelingt es eher, passende Lösungen zu finden.